Mit dieser Gerichtsentscheidung werde die Auffassung bestätigt, dass Nationale Versorgungsleitlinien und die Leitlinien einzelner medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften wegen ihrer rein wissenschaftlichen Zielsetzungen einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung entzogen und insoweit nicht justiziabel sind.
Zwar seien die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als Träger und Herausgeber der NVL grundsätzlich für den Inhalt solcher Leitlinien verantwortlich. Dies gelte gleichermaßen für medizinische Fachgesellschaften, die in eigener Verantwortung Leitlinien erarbeiten und veröffentlichen. Äußerungen in Leitlinien zur Anwendung bestimmter Arzneiwirkstoffe oder anderer medizinischer Verfahren können grundsätzlich auch in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Pharmaunternehmens oder eines anderen Dritten eingreifen. Sie könnten, soweit sie falsche Tatsachenbehauptungen beinhalten, auch geeignet sein, im Sinne einer Kreditgefährdung des § 824 BGB Nachteile für den Erwerb oder das Fortkommen eines gewerblichen Unternehmens herbeizuführen. Bei den hier angegriffenen Äußerungen handele es sich allerdings durchgängig um Bewertungen und Meinungsäußerungen, deren Unterlassung oder Berichtigung das Pharmaunternehmen nicht beanspruchen konnte. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestanden daneben ebenfalls nicht.
Allen Autoren und Herausgebern von Leitlinien raten die Rechtsanwälte Wienke & Partner an, das sorgfältig erarbeitete und vom Landgericht und Oberlandesgericht Köln ausdrücklich in diesem Sinne bestätigte AWMF-Regelwerk Leitlinien bei der Erarbeitung und Verabschiedung von Leitlinien zu berücksichtigen. Soweit die dort enthaltenen Empfehlungen bei der Erarbeitung und Verbreitung von Leitlinien berücksichtigt werden (sog. Leitlinien für Leitlinien), können rechtliche Implikationen im Zusammenhang mit medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien wirksam vermieden werden.
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