Im Behindertensport verbessern Prothesen Leistungen zum Teil sogar soweit, dass Gutachter Vorteile gegenüber nichtbehinderten Sportlern vermuten. Welche Neuerungen aus der technischen Orthopädie in der modernen Orthopädie/Unfallchirurgie postoperativ oder als alleinige Behandlungsmaßnahme zum Einsatz kommen und wie Orthopädietechnik das Leben behinderter Menschen in Alltag, Beruf und Sport vereinfacht, diskutieren Experten auf der Pressekonferenz am 25. Oktober 2011 im ICC Berlin anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie 2011 (DKOU).
Derzeit werden nach Schätzungen pro Jahr etwa 60 000 Amputationen an den unteren Extremitäten durchgeführt. Die Technische Orthopädie ist heute in der Lage, körperlich behinderte Patienten mit immer besseren Hilfsmitteln auszustatten. Neue Prothesen zeichnen sich durch leichtere Materialien, verbesserte elektronische Steuerungen und leistungsfähigere Batterien aus. So erleichtern Orthopäden nicht nur den Alltag der Betroffenen. Es erschließen sich sogar zuvor „verloren“ geglaubte Freizeitbereiche. „Die Qualität neuer Prothesen hat sich in vielfacher Hinsicht stark verbessert“, erläutert Professor Dr. med. Dieter Kohn, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), der gemeinsam mit dem Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Professor Dr. med. Tim Pohlemann, und dem Vize-Präsidenten des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), Professor Dr. med. Karsten Dreinhöfer, den DKOU 2011 ausrichtet. Durch die Silikontechnik der Prothesen, die sogar Hautfalten, Adern, unterschiedliche Hautfärbungen und Behaarung mit einarbeitet, seien sie optisch kaum noch vom Original zu unterscheiden.
Ein weiteres Beispiel für den Fortschritt der Technischen Orthopädie sind elektronische Kniepassteile. Sie bedeuten vor allem für gangunsichere und sturzgefährdete Patienten mit Prothesen eine enorm erhöhte Sicherheit beim Laufen. „Alltagsaktivitäten sind für diese meist betagten Menschen so erst wieder möglich“, sagt Professor Pohlemann. So könnten Betroffene zum Beispiel wieder mit unterschiedlichen Schrittgeschwindigkeiten gehen, Treppensteigen oder über Schrägen laufen. Auch Prothesen für arm-amputierte Patienten seien heute so gut, dass diese kunstvolle Fingerbewegungen nachahmen könnten. Dabei verbessert die Kopplung körpereigener Nerven an Exoprothesen die Feinmotorik. „Die Technische Orthopädie fördert so die Reintegration im privaten und beruflichen Umfeld immens“, so Pohlemann.
Die Leistung und das Niveau der technischen Orthopädie zeigen sich auch in den inzwischen spektakulären Leistungen behinderter Sportler bei den Paralympics. Dass Behinderte durch diese technischen Entwicklungen inzwischen auf den Weltmeisterschaften der Nichtbehinderten wettbewerbsfähig mithalten können, hat bereits eine Diskussion um ein sogenanntes „Technik- Doping“ aufkommen lassen. Der 24-jähirge Carbon-Prothesen-Träger, Oscar Pistorius, erreichte Ende August im südkoreanischen Daegu als erster Mensch mit Behinderung ein 400-Meter-Halbfinale – bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Nichtbehinderten. Er durfte starten, weil aktuelle Gutachten bescheinigten, die Prothesen würden ihm keine Vorteile bringen. Es läge also kein „Technik-Doping“ vor.
Für den normalen Patienten bietet die Prothese zwar nicht die Möglichkeit, eine Goldmedaille zu gewinnen, sondern vielmehr sich ins Alltagsleben zurück zu finden. Professor Dreinhöfer betont: „Die technischen Möglichkeiten der modernen Prothesenversorgungen sind genial, entscheidend ist aber insbesondere die orthopädietechnische Anpassung des Schaftes sowie die Rehabilitation des Patienten. Um an den Aktivitäten des täglichen Lebens wieder teilnehmen zu können, ist ein umfangreiches orthopädisch geleitetes Programm mit Muskelkräftigung, Koordination, Gangschule und Ergotherapie notwendig.“
Mobilität nach Unfällen und Krankheiten sowie die Möglichkeiten der Technischen Orthopädie sind die Themen einer Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie 2011 am Dienstag, dem 25. Oktober von 11 bis 12 Uhr in der Funkturm-Lounge des ICC Berlin.
Der DKOU findet vom 25. bis 28. Oktober 2011 in Berlin als gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (BVOU) statt. Er ist der größte europäische Kongress in diesem Bereich, zu dem etwa 12.000 Fachbesucher erwartet werden. Experten diskutieren hier die neuesten Entwicklungen in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Themen reichen von der Schwerverletztenversorgung, den Strukturen der Notaufnahmen und der Katastrophenmedizin über Implantatversorgung und Rehabilitation bis hin zu rheumatischen und degenerativen Erkrankungen sowie Osteoporose.
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